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Deutschland

Bundesrepublik Deutschland

Hauptstadt
Berlin
 
Fläche
357.027 km²
 
Bevölkerung
82.716.000
 
pro km²
232 Einwohner
 
BIP/Einwohner
US-$
 

Datum & Zeit
23.04.2024
23:09
 
 
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»
 

Geschichte

Im zwölften Jahrhundert reichte der Wald noch bis an die Tore der Stadt Aschaffenburg. In den Bachtälern wohnten in bescheidenen Niederlassungen hörige Dienstleute des Mainzer Erzbischofs, die in der Forstwirtschaft beschäftigt waren und von der Jagd und geringem Ackerbau lebten. Aus solch einer Siedlung entwickelte sich im Lauf der Jahrhunderte das Dorf Glattbach, früher Gladebach, auch Gladbach genannt. Es bekam seinen Namen wohl von' den goldglänzenden Glimmersteinen, die man an den Ufern und im Bett des Dorfbaches fand. (glad = glänzend, Gladebach glänzender Bach). Die wirtschaftlichen Verhältnisse waren sehr bescheiden, Frondienste, Zehntabgaben und drückende Schuldenlasten hemmten jede Aufwärtsentwicklung, den einzigen Reichtum stellten die Weinberge dar, die an den sonnigen Süd- und Südwesthängen gelegen waren. Flurnamen wie Wingert unterm Dorf, Wingert oberm Dorf oder Am heißen Stein erinnern noch heute an den Weinbau. Dass der Glattbacher kein schlechter Tropfen war, davon zeugt der Umstand, dass Graf Schönborn hier einen Weinberg besaß. Nach häufigen Missernten mussten die Reben gegen Ende des 18. Jahrhunderts ausgehauen werden, und ein intensiver Obstbau trat an Stelle des Weinbaus (Glattbacher Kirschen). Als Gewerbe war besonders die Leineweberei stark vertreten. 1832 sind noch 17 Leinweber in alten Gemeindebüchern vermerkt.

Die fortwährende Güterteilung nach dem Mainzer Erbrecht bewirkte, dass die zu bebauende Fläche der einzelnen Bauern immer kleiner wurde. Teilten sich noch 1661 nur zehn Familien in die 310 Hektar große Gemarkung, so waren es in der Mitte des 18. Jahrhunderts schon 50 Nachbarn (so nannte man die Ortsansässigen im Gegensatz zu den Beisassen, den Zugezogenen ohne Grundbesitz und Rechte, die ihre Nahrung dem Boden abringen mussten.

Das einzige größere Anwesen war mit 97 Morgen das herrschaftliche Höfchen, das aus adeligem Besitz im Jahr 1334 durch Schenkung an das Stift St. Peter und Alexander überging und von den Stiftsherren an verschiedene Landedelleute verliehen wurde. Später kam das Hofgut an den Landesherrn, den Kurfürsten von Mainz und zuletzt (um 1837) durch Kauf in den Privatbesitz der Erbbeständerfamilie Heeg. Um das Jahr 1800 wurde die alte Hofreith abgerissen und auf der
gegenüberliegenden Straßenseite ein größeres Anwesen mit Öl- und Tabaksmühle und einem Kelterhaus errichtet - der heutige Helmshof.

Die Lage des Dorfes in einem abgeschlossenen Tal brachte es mit sich, dass es keinen Durchgangsverkehr gab. Trotzdem blieb Glattbach in den Not- und Kriegszeiten, die das Untermaingebiet immer wieder heimsuchten, keineswegs verschont. Das mag wohl an der Nähe der Stadt Aschaffenburg gelegen haben, aber auch an der Gelnhäuser Straße, einer alten Heer- und Handelsstraße, die westlich an Glattbach vorbei auf die Johannesberger Höhe führte. Plündernde, sengende, mordende Kriegsvölker brachten Not und Elend über die Bevölkerung, schreckliche Seuchen rafften die Menschen hinweg. Nach dem Dreißigjährigen Krieg waren von 33 Familien nur noch zehn am Leben, 20 Häuser waren vom Erdboden verschwunden, mehrfach flüchtete die Bevölkerung vor den Soldaten. So versteckte sich 1743, als die Engländer vom 18. bis 26. Juni täglich plünderten, die „ganze Gemeyn“ elf Tage in den Spessartwäldern.

Im Gefolge der Kriege traten schreckliche Seuchen auf. An die schlimmsten Pestjahre 1606 und 1636 erinnern noch heute zwei Bildstöcke, Peststeine genannt, an der Hauptstraße. In höchster Not gelobte die Bevölkerung, einen Fest- und Bußtag „auf ewige Zeiten“ zu halten, wenn die Krankheit zum Erlöschen käme. An diesem Hellfeiertag, dem Freitag vor Michaeli, durfte kein Herdfeuer angezündet werden, Menschen und Vieh hielten strenges Fasten und alle Arbeit ruhte. Bis in den Ersten Weltkrieg hinein wurde das Gelübde streng gehalten.

Schon im zwölften Jahrhundert wurde Glattbach als Filiale der Pfarrei St. Agathe zu Aschaffenburg erwähnt. Von einem Gotteshaus liegt bis zum 17, Jahrhundert keine Nachricht vor. Im Jahr 1682 wurde eine Kapelle zu Ehren des hl. Nikolaus errichtet und von dem Kapuzinerpater Martin von Cochem, einem berühmten Bußprediger und Volksschriftsteller, geweiht. Der Ort zählte damals etwa 180 bis 200 Einwohner. Die Kapelle stand mit Friedhof und Schulhaus auf dem Platz, den die jetzige Kirche einnimmt. Die Kapelle stand nicht lange, schon 1727 wurde auf derselben Stelle ein neues Gotteshaus gebaut, das Magdalenenkirchlein. Es wurde in der erstaunlich kurzen Zeit von vier Monaten errichtet. Gottesdienst war nur einmal im Monat an einem Werktag, erst ab 1775 scheint wenigstens den Winter über ein Sonntagsgottesdienst stattgefunden zu haben, meist durch einen Kapuzinerpater. 1890 wurde eine Lokalkaplanei errichtet, diese wurde am 14. Dezember 1922 zur Pfarrei erhoben. Zehn Geistliche wirkten als Lokalkaplane in Glattbach. Erster Pfarrer war Christian Benz aus Weibersbrunn, der diese Stelle 25 Jahre lang innehatte, bis er am 20. Dezember 1948 tödlich verunglückte. 1899 wurde das Magdalenenkirchlein abgerissen. Es begann der Bau der heutigen, neugotischen Pfarrkirche Maria Himmelfahrt, die am 15. August 1901 geweiht wurde. Damals zählte die Pfarrei etwa 700 Katholiken.

Schon um 1730 gab es in Glattbach Schulunterricht, doch hatte das Dorf bis 1671 nur eine Schulstelle. Die Schulmeister waren bis weit ins 19. Jahrhundert hinein Handwerker, die den Unterricht nebenberuflich betrieben oder durch Gehilfen halten ließen. Das älteste bekannte Schulhaus stand hinter dem Magdalenenkirchlein und enthielt neben Schulsaal und Lehrerwohnung auch ein Gemeindezimmer. 1878 wurde das zweite Schulhaus erbaut, das damals zu den schönsten weit und breit zählte. Es dient seit 1986 als Rathaus, nachdem die Volksschule die neuen Gebäude auf dem Schwalbesgraben bezogen hatte, den ersten Trakt 1958, den zweiten 1964.

Die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts und die starke Zersplitterung des Bodenbesitzes durch ständige Erbteilung brachten einen ersten Strukturwandel des Ortes vom reinen Bauern- zum Arbeiterdorf mit sich. Glattbacher gehörten zum Stammpersonal der Bunt. Ein Glattbacher, der Schneider Johann Desch, 1848 geboren, kam in seiner Werkstatt auf die Idee, Anzüge nach Normalmaßen auf Vorrat zu nähen und von Heimarbeitern nähen zu lassen. Diese ersten Konfektionsanzüge fanden reißenden Absatz in den aufstrebenden Industriestädten Hanau, Frankfurt und Offenbach. Das Unternehmen vergrößert sich rasch, Johann Desch kaufte ein Haus in Aschaffenburg und ließ 1874 die erste Herrenkleiderfabrik in das Handelsregister der Stadt eintragen. Die Wiege dieses einst so bedeutenden Industriezweiges des Aschaffenburger Raumes war jene Schneiderwerkstatt in Glattbach.

Im Zweiten Weltkrieg hatte das Dorf unter den Bombenangriffen der Jahre 1944/1945 sehr zu leiden. Vierzehn Menschen kamen dabei ums Leben, über hundert Gebäude wurden ganz oder teilweise zerstört, darunter der Kindergarten und die Turnhalle. Nach dem Krieg vollzog sich der Wiederaufbau durch rege Bautätigkeit und starken Zuzug. Glattbach ist nunmehr eine Wohnsiedlungsgemeinde mit nahezu 3800 Einwohnern geworden, begünstigt durch die Nähe der Stadt und die landschaftlich reizvolle Lage. Die Einwohner sind meist Pendler, die überwiegend in Aschaffenburg Arbeit finden.

Basierend auf dem Artikel Glattbach der freien Enzyklopädie Wikipedia unter der GNU Free Documentation License.
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